Was heisst ein Leben in Fülle zu haben?         (von Br.Martin Barmettler)


Kurzinterview mit Br.Martin Barmettler


Was hat dich bewegt, dass Du Dich erstens für einen Orden und zweitens für die Franziskaner entschieden hast?
Vielleicht sollte man besser fragen: Was hat mich bewegt, Ja zu Gott zu sagen? Ich hab nie wirklich gezweifelt, dass es so was wie einen Gott gibt. Aber mein Gottesbild entsprach eher dem eines Uhrmacher-Gottes, der alles in Bewegung hält, der oben im Himmel sitzt, aber mit mir persönlich nichts zu tun hat. Später durfte ich dann, ausgelöst durch ein paar Faktoren, die hier schwierig in Worte zu fassen sind, das erste bewusste JA zu Gott sprechen. Ich hab mir nie träumen lassen, dass Gott dieses unbeholfene Ja so ernst nimmt. Es lautete in etwa so: „Herr, wenn es dich wirklich gibt, dann lass ich mich auf dich ein“. Da es in meinem damaligen Denken nichts gab ohne Gegenleistung, war der Deal, den ich mit Gott schloss der, dass ich begonnen habe am Wochenende in Gottesdienste zu gehen. Im Nachhinein betrachtet war es ein enorm wichtiger Prozess: Gott wurde mir von einem fernen Irgendwas zu einem Du, mit dem man in Beziehung tretten kann. Dieser Prozess liess dann in mir die Frage wachsen: "Wie willst du leben?"  und "Was heisst es ein Leben in Fülle zu haben?"
Schliesslich konnte in mir dann der Wunsch reifen, ein Leben ganz in der Liebe Gottes zu wagen.

Und weshalb Franziskaner?
Das ist mir manchmal auch ein Rätsel. Mir war irgendwie immer klar: Wenn Ordensmann, dann Franziskaner! Und je mehr ich auf dem Weg der Gottesnachfolge bin, desto mehr merke ich, dass das richtig war und meinen von Gott geschenkten Charismen entspricht.

Was ist der Mittelpunkt Deines Lebens als Franziskaner?
Zu spüren, dass ich von Gott gerufen bin und zwar aufgrund seiner bräutlichen Liebe.

Was würdest Du Menschen empfehlen, die auf der Suche nach ihrer Berufung sind?
Wag es, deine Berufung, deine Gotteskindschaft zu leben, sei es in deinem Beruf, in der Schule, in Ehe und Familie oder im Orden! Aber in allem was du tust, tu es bewusst und wag es, Entscheidungen zu treffen, klar Ja zu sagen oder Nein. Ansonst findest du dich am Ende des Lebens in einem Korridor mit lauter aufgerissenen Türen, aber bist nirgends eingetreten. Und wage es deine Berufung zu prüfen, dazu sind Kandidatur und Postulat da. Wage es, zu leben und zwar als ein lebendiges Original Gottes, und nicht als eine von der Welt manipulierte Kopie.