Fastenzeitimpuls: Entdecke Deine Identität!

Vor einigen Jahren war ich in Bern in eine stramm evangelikale Gruppe eingeladen; eine Freikirche. Sie wollten mal mit einem Mönch über die katholische Kirche diskutieren. Es ging dabei um verschiedene Themen; und schliesslich ging es auch heftig um die Frage der Kindertaufe. Das ist ja ein grosser Diskussionspunkt: Darf man/soll man kleine Kinder taufen? 

 

Viele Freikirchen sagen dazu klar; Nein. Man muss sich persönlich für die Taufe entscheiden. Mit der Taufe entscheidet ich mich definitiv für Jesus und übergebe Ihm mein Leben. Dieses Argument hat etwas für sich: Kirchenzugehörigkeit nicht einfach als Automatismus; nicht einfach Taufen, weil man es halt so macht; sondern: Glaube als persönliche Entscheidung. So wie heute viele –aus etwas anderen Gründen- sagen: Wir lassen unser Kind nicht taufen; es soll später einmal selber entscheiden, ob es sich taufen lassen will oder nicht. Selber entscheiden; sich persönlich für Gott entscheiden… Diese Argumente haben etwas Eingängiges auch etwas modern Selbstbewusstes.

Aber so klar und selbstbewusst das auch tönt: Die Taufe eines kleinen Kindes macht trotzdem eine grundlegende Wahrheit deutlich: Bevor ich mich vielleicht oder irgendwie für Gott entscheide – entscheidet sich Gott für mich: Das ist Evangelium: Gott entscheidet sich für mich. In der Taufe sagt Gott, wer ich bin: Du bist nicht irgendein zufälliges Produkt der Evolution; du bist Kind Gottes. Gott allein hat das Recht zu sagen, wer ich bin. Das ist Taufe; das ist Gnade – unverdient: Gott gibt uns als erstes eine Identität: Er gibt uns eine Identität; einen Pass in das Leben mit: Kind Gottes. Das ist das Fundament meines Lebens – das ist das unsichtbare Wasserzeichen, das niemand zerstören kann.

Es gibt ja viele Stimmen, die uns einreden und einflüstern wollen; wer wir sind.
Du solltest das tun, dann bist du… wir erwarten von dir, das, dann… - In den sogenannt sozialen Medien zum Beispiel geht es ja immer wieder um Identität; um Identitätsfindung. Auf Facebook will man sich eine Identität schaffen und sie von anderen bestätigen lassen. Man postet Fotos und Kommentare. Und liefert sich dem Urteil anderer aus; macht sich abhängig. Die andern sagen, wer ich bin – bestätigen mich, korrigieren mich oder lehnen mich ab.

Das Evangelium bzw. die Taufe sagen mir hingegen klar: Niemand kann sagen, wer du bist. Nur Gott hat das Recht dazu. Er sagt über mich: Du bist Kind Gottes. Aus dieser Identität, die uns die Taufe gibt, müssen wir lernen leben. Und genau das ist der Hintergrund oder besser gesagt die Voraussetzung des Evangeliums heute. Jesus spricht von der Sorge bzw. vom sich nicht Sorgen machen. Das tönt zwar nett, aber auch etwas naiv und realitätsfremd. Man weiss ja, dass man sich sehr wohl Sorgen machen muss; das ist eine Frage von Leben und Überleben. Aber Jesus spricht im Evangelium eben nicht in erster Linie von uns, sondern von Gott – vom Vater im Himmel. Und davon, dass Gott uns sieht; dass Gott uns radikal Vater ist - und für uns sorgt. Und wenn wir immer mehr in diese Wahrheit; in dieses Vertrauen hineinwachsen, dass ich Kind Gottes bin; Kind des himmlischen Vaters; dann wird mir auch immer deutlicher, wie Er geheimnisvoll sorgt und in meinem Leben wirkt. Die Wahrheit öffnet die Augen.
(Aus der Predigt von Pater Raphael Fässler OFM am 1.Fastensonntag 2017)

Wir wünschen Euch eine gesegnete Fastenzeit!